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Meldungen

Feilschen beim Steuerberater

Um das Vertragsverletzungsverfahren wegen Mindestpreisen in der Steuerberatervergütungsverordnung (StBVV) gegen Deutschland zu verhindern, wurde  diese novelliert. Unter anderem wurde hierbei die in der Praxis längst gängige Möglichkeit, die in der StBVV vorgesehenen Gebühren zu unterschreiten, nun auch gesetzlich fixiert. Die novellierte StBVV wurde im Juli 2016 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Einige Medien, u. a. www.spiegel.de/wirtschaft/service/steuern-feilschen-sie-mit-dem-steuerberater-kolumne-a-1117790.html, nahmen dies zum Anlass und ermutigten ihre Leserschaft dazu, nun mit ihrem Steuerberater zu feilschen.
Im Interview gibt BStBK-Präsidialmitglied www.bstbk.de/export/sites/standard/de/ressourcen/Bilder/04_presse/bildergalerie/praesidium/Wilk-002_2015_semi.jpg Tipps zum Umgang mit feilschenden Mandanten und zur novellierten StBVV.
Wie beurteilen Sie die aktuelle Situation?
Oft ist die Dienstleistung des Steuerberaters für den Mandanten nicht greifbar. Und genau damit haben wir es im Kern aktuell zu tun. Die Steuergesetzgebung ist viel zu komplex – daher kann der Mandant den Wert der Dienstleistung „Steuerberatung“ und den damit einhergehenden Aufwand nicht immer hinreichend beurteilen. Das ist aber kein Problem der neuen StBVV, sondern ein generelles Problem der Preisakzeptanz. Daher ist es sinnvoll, bereits bei der Auftragsannahme eine klare Honorarvereinbarung zu treffen. Hierdurch werden nachträgliche Preisverhandlungen praktisch ausgeschlossen. Insbesondere gilt dies für die Höhe der Stundensätze.  Manche Mandanten meinen, bei ihrer Suche nach dem ultimativen Schnäppchen das Honorar ihres Steuerberaters hinterfragen zu müssen. Diese Gespräche sind an sich nicht neu, sondern gehören zum Kanzleialltag. Klar muss aber doch sein: Das Honorar für erbrachte Leistungen eines Steuerberaters entspricht der Qualität der Beratung. Steuerberatung kann nicht jeder – das ist eine überaus anspruchsvolle Dienstleistung. Das Honorar sichert die private und berufliche Existenz des Steuerberaters und seiner Mitarbeiter. Aus diesem Grund müssen auch sämtliche erbrachten Leistungen abgerechnet und alle Honorarpotenziale ausgeschöpft werden.
Wie sollen sich Steuerberater gegenüber ihren Mandanten verhalten, wenn diese – vor dem Hintergrund der novellierten StBVV – das Honorar reduzieren wollen?
Erster und wichtigster Ratschlag: ruhig und souverän bleiben. In der ersten Reaktion ist es hilfreich, generelles Verständnis für dieses Anliegen zu signalisieren, denn das nimmt den Druck aus dem Gespräch. Gleichzeitig muss aber unbedingt deutlich werden, dass die Honorare angemessen sind und die zugrunde liegende Beratung dem Mandanten hohen Nutzen stiftet. Sehr viel tiefer sollte man in einer ersten Reaktion nicht argumentieren. Stattdessen sollte ein separater Termin zu diesem Thema vereinbart werden.
Hierfür gelten ein paar Dinge, die die Kollegen bei der Vorbereitung beachten sollten:

  • Nutzen der Beratung herausstellen
    Oberste Maxime: Lassen Sie sich nicht vorschnell auf eine reine Preisdiskussion ein. Stellen Sie Ihrem Mandanten als erstes vor, welchen direkten Nutzen er dank ihrer Beratung erzielt. Weisen Sie ihn hier auf erzielte Einsparungen und optimierte Prozesse hin. Gehen Sie dabei auch auf die Nachteile ein, die ihm dank Ihrer Beratung erspart bleiben. Unter anderem ist hier auch das Risiko eventueller fehlerhafter Angaben oder versäumter Fristen zu nennen. Informieren Sie Ihren Mandanten über Ihr bestehendes Haftungsrisiko. Erzielte Einsparungen und Haftungsrisiko sind Aspekte, auf die Sie Ihren Mandanten hinweisen sollten. Denn beides sind gute Gründe, weshalb Ihre Dienstleistung nicht mit unrealistisch niedrigem Honorar vergütet werden kann.
  • Information des Mandanten
    Prüfen Sie, inwiefern Sie Ihren Mandanten über die Möglichkeit der Unterschreitung der StBVV informiert haben. „Jede Leistung hat ihren Preis“. Das sollte Ihre Haltung sein, wenn Sie Ihrem Mandanten den Status quo aufzeigen und ihm vorstellen, welche Leistung mit welchem Aufwand erbracht wird. Stellen Sie dabei Ihre eventuell in der Vergangenheit nicht explizit herausgestellten und damit nicht sichtbaren Zusatzleistungen vor.
  • Definition eines angemessenen und durchsetzbaren Honorars
    Bereiten Sie sich auf eine eventuelle Honorarkürzung vor. Prüfen Sie hierzu, welche Leistungen dank z. B. Digitalisierung perspektivisch anders honoriert werden können. Definieren Sie für sich ein mindestens zu erzielendes Honorar, das die Wirtschaftlichkeit Ihrer Kanzlei sichert. Manche Mandanten erhoffen sich, über eine bessere Sortierung ihrer Belege deutliche Einspareffekte erzielen zu können. Stellen Sie hier klar, dass diese Sortierarbeiten grundsätzlich in den Vergütungstatbeständen der StBVV berücksichtigt sind und nicht über die Zeitgebühr abgerechnet werden. Dennoch ist zu überlegen, ob sich hier ein eventueller Spielraum für eine Reduzierung der Zehntelsätze ergibt.  
  • Szenario: Mandant kündigt
    Prüfen Sie den Fall, dass Sie den Mandanten nicht überzeugen können und es zu einer Auflösung des Vertrages kommt. Zu wann wäre dies möglich? Hat dies gravierende Folgen für Ihre Kanzlei? Wie könnte eine eventuelle Kündigung wirtschaftlich kompensiert werden?
  • Dokumentation Ihres Mandantengesprächs und nächste Schritte
    Sichern Sie die Dokumentation des Mandantengespräches ab. Eventuell unter Hinzuziehung eines Kanzleimitarbeiters. Lassen Sie sich diese Dokumentation vom Mandanten bestätigen. Bleibt der Mandant der Kanzlei erhalten, sollten Sie Ihre mit dem Mandat betrauten Mitarbeiter über die getroffenen Vereinbarungen kurzfristig informieren.

Neben diesen eher kurzfristigen Vorbereitungen sollten sich die Kollegen aber langfristig auch mit einer optimierten Präsentation ihrer Arbeit auseinandersetzen.
Welche langfristigen Vorbereitungen kann ein Kanzleiinhaber treffen, um bei seinen Mandanten die Qualität seiner Beratung besser zu präsentieren?
Insgesamt sollte die qualitativ hochwertige Leistung des Steuerberaters auch wertig präsentiert werden. Das betrifft die Außendarstellung der Kanzlei (Website, Empfang, Konferenzräume) und vor allem ihre Produkte. Jahresabschlüsse, BWA, Schriftverkehr etc. sollten den hohen Qualitätsstandards des Berufsstandes entsprechen (ansprechende Grafiken statt reiner Zahlenkolonnen, klare Fristnennung, frühzeitige und verständliche Hinweise auf gesonderte Abrechnungsposten).
Hat sich die Steuerberatervergütungsverordnung nun überlebt?
Keinesfalls. Denn sie dient nach dem Willen des Gesetzgebers vor allem dem Verbraucherschutz. Die StBVV schreibt fest, wie das Honorar für jede einzeln bezeichnete Leistung zu ermitteln ist. Eine vergleichbare Transparenz findet man an anderer Stelle nicht. Durch die erfolgte Novellierung der StBVV ist sie nun auch europafest. Außerdem schützt die StBVV den Markt der Steuerberatung vor ruinösem Wettbewerb. Denn sie sieht auch in ihrer novellierten Version vor, dass das Honorar für die erbrachte Leistung des Steuerberaters noch immer angemessen sein muss. Andere Berufsfelder zeigen uns, dass die Abschaffung der StBVV, aber auch die der Angemessenheitskontrolle in Bezug auf Niedrigpreise mittelfristig nicht nur zu einer Erhöhung der Gebühren, sondern auch zu einer Behinderung in der Entfaltung des Wettbewerbs führen. Es bestünde immer die Gefahr, dass dieser langfristig zu einem Verdrängungswettbewerb führt, in dessen Folge sich Monopole bzw. enge Oligopole bilden und verfestigen können.
Schließlich können sich dank der StBVV kleine und mittlere freiberufliche Strukturen in ländlichen Gebieten, die für die großen Kanzleien nicht lukrativ sind, behaupten. Ein ungeordneter Preiswettbewerb würde diese Strukturen behindern, aber auch die hohe Qualität der freiberuflichen Leistung des Steuerberaters gefährden.

Weitere Informationen:

Weitere Formulierungstipps finden Sie auch im Podcast "www.steuerkoepfe.de/2016/11/02/kanzleifunk-27/" mit Kanzleiberaterin Angela Hamatschek und Claas Beckmann.